Glossar Bindungsangst & Vermeidender Bindungsstil
Kurze, klare Definitionen mit Querverweisen. Nutze die A–Z-Navigation oder scrolle. Jede Sektion enthält drei Schlagworte.
A
Achtsamkeit – Aufmerksam-sein für innere Zustände (Körper, Gefühle, Gedanken) ohne Bewertung; hilft, Überforderung früh zu erkennen. Siehe auch: Selbstregulation, Trigger.
Ambivalenz – Gleichzeitiges Wollen und Nicht-Wollen von Nähe; typisch bei Bindungsangst: Sehnsucht vs. Fluchtimpulse.
Annäherungs-Vermeidung-Konflikt – Je näher das Ziel (Beziehung), desto stärker die Vermeidung; sichtbar in On/Off-Dynamiken. Siehe auch: Nähe-Distanz-Regulation.
B
Bindungsangst – Angst vor emotionaler Nähe, Abhängigkeit oder Autonomieverlust; führt zu Rückzug, Abwertung und Distanzierung. Siehe auch: Vermeidender Bindungsstil.
Bindungssystem – Biopsychologisches System, das Sicherheit/ Nähe sucht und Gefahr meldet; wird durch Stress, Trennung, Unsicherheit aktiviert.
Boundary-Setting (Grenzen setzen) – Klarer Rahmen für Bedürfnisse/No-Gos; beugt Überflutung vor und schafft Orientierung. Siehe auch: Kommunikation.
C
Co-Regulation – Beruhigung durch einen regulierten Anderen (Stimme, Präsenz, Atem); macht Nähe wieder als sicher erfahrbar. Siehe auch: Selbstregulation.
Commitment – Verbindlichkeit gegenüber Beziehung/Werten; bei Bindungsangst häufig „kognitiv ja, emotional zögernd“.
Coping (Bewältigung) – Adaptive (Atmung, Reframing) vs. maladaptive Strategien (Ghosting, Alkohol). Siehe auch: Vermeidung.
D
Deaktivierungsstrategien – Nähe dämpfen (Fehlerfokus, Arbeitsflucht, Idealisierung anderer); kurzfristig beruhigend, langfristig schädlich. Siehe auch: Strategien, protestierende.
Distanzierungsverhalten – Rückzug, späte Antworten, Minimieren; Ausdruck erhöhter Bedrohungswahrnehmung. Siehe auch: Nähe-Distanz-Regulation.
Dissoziation (leicht) – Gefühl der Unverbundenheit bei Überlastung (Taubheit, „im Kopf“). Siehe auch: Trigger.
E
Emotionale Intimität – Verbundenheit durch Teilen von Innenwelten; für Vermeider oft der herausforderndste Nähe-Kanal. Siehe auch: Vulnerabilität.
Exposition (dosiert) – Schrittweises Annähern an gefürchtete Nähe-Situationen (z. B. täglicher 5-Min-Check-in).
Erwartungsmanagement – Explizite Absprachen zu Frequenz, Kontakt, Verbindlichkeit; reduziert Missverständnisse. Siehe auch: Rahmenvereinbarung.
F
Fight-Flight-Freeze-Fawn – Vier Stressreaktionen; bei Bindungsangst häufig „Flight“/„Freeze“.
Fresh-Start-Effekt – Veränderungsfenster an Zeitmarken (Montag, Monatsanfang) für neue Rituale.
Fremdregulation – Eigener Zustand wird über äußere Faktoren gesteuert (Arbeit, Sport), um Gefühle zu vermeiden. Siehe auch: Deaktivierungsstrategien.
G
Gaslighting (unbeabsichtigt) – Abwerten der Wahrnehmung des Partners als Selbstschutz; schädigt Vertrauen.
Gefühlsphobie – Umgangssprachlich: starke Vermeidung intensiver Emotionen (keine klinische Diagnose).
Grenzverletzung – Übergehen expliziter/impliziter Grenzen (Druck, Ultimaten); verstärkt Rückzug. Siehe auch: Boundary-Setting.
H
Hochstimulation – Übererregung durch Reize (Streit, Körperkontakt); führt zu Rückzug. Siehe auch: Window of Tolerance.
Holding Environment – Psychologischer „Halteraum“: wohlwollende, vorhersagbare Atmosphäre für Exploration.
Habituation – Gewöhnung: wiederholte, sichere Nähe senkt Reaktivität. Siehe auch: Exposition.
I
Idealisierung/Abwertung – Wechsel zwischen Überhöhung und Entwertung des Partners; schützt vor echter Nähe.
Innere Arbeitsmodelle – Verinnerlichte Erwartungen an Selbst/Andere; verändern sich durch korrigierende Erfahrungen.
Intimitätsvermeidung – Vermeidung tiefer Gespräche, Blickkontakt, Körpernähe. Siehe auch: Emotionale Intimität.
J
Ja-aber-Kommunikation – Zustimmen und sofort relativieren; hält Distanz bei scheinbarer Kooperation.
Jahreszyklus-Effekte – Urlaubs-/Feiertagsnähe steigert Druck; proaktive Planung von Rückzugsinseln hilft.
Journaling – Strukturierte Selbstreflexion (Gefühls-/Bedürfnis-Log). Siehe auch: Achtsamkeit.
K
Kognitives Reframing – Neubewertung („Nachfrage ≠ Kontrolle“); senkt Bedrohungsgefühl.
Kommunikation, klare – Ich-Botschaften, Zeitrahmen, Metakommunikation; vermindert Eskalation.
Körperliche Nähe – Berührung, Kuscheln, Sexualität; oft dosierungs- und kontextabhängig. Siehe auch: Hochstimulation, Vulnerabilität.
L
Love-Bombing (Verwechslung) – Übermäßige Anfangsintensität, die später zu Vermeidung kippt; Warnsignal für Dysregulation.
Loyalitätskonflikt (intern) – Loyalität zur Autonomie vs. zur Beziehung.
Limbisches System – Emotionszentrum; aktiviert Schutzreaktionen bei Nähe-Bedrohung. Siehe auch: Fight-Flight-Freeze-Fawn.
M
Mentalisierung – Verständnis für eigene/fremde Innenwelten; trainierbar, zentral für sichere Nähe.
Mikro-Rituale – Kleine, konstante Nähe-Signale (Morgengruß, Abend-Check-in) bauen Sicherheit auf.
Mismatch-Reparatur – Schnell klären, wenn etwas schiefgeht („Das kam hart raus…“). Siehe auch: Ruptur-Reparatur.
N
Nähe-Distanz-Regulation – Feindosierung von Kontakt und Rückzug; braucht klare Absprachen und Selbstbeobachtung.
Neurozeption – Unbewusste Gefahreneinschätzung des Nervensystems (Polyvagal-Perspektive).
No-Pressure-Prinzip – Nähe anbieten ohne Drängen; erhöht Annäherungsbereitschaft. Siehe auch: Exposition.
Nervensystem
Nervensystem (autonomes) – Sympathikus/Parasympathikus steuern Erregung/Entspannung; Training erweitert Toleranzfenster. Siehe auch: Window of Tolerance.
Need-Dropping – Bedürfnisse in Mini-Dosen äußern („Mir hilft 1 kurzer Check-in“).
Non-Attachment (Nicht-Anhaften) – Sich verbinden ohne zu klammern; hilfreich gegen Verlust-/Autonomieängste.
O
Overfunctioning – Zu viel Verantwortung übernehmen, um Nähe zu kontrollieren; beim Partner von Vermeidern häufig.
On/Off-Beziehung – Zyklen aus Annäherung und Abbruch; Hinweis auf ungelösten Annäherungs-Vermeidung-Konflikt.
Overload (Überlastung) – Reiz-/Gefühlsüberlastung; benötigt klare Pausenvereinbarungen. Siehe auch: Hochstimulation.
P
Protestverhalten – Indirekte Näheforderungen (Rückzug, Kritik), wenn Bedürfnisse nicht direkt geäußert werden.
Pacing – Tempoanpassung von Nähe; kleines, planbares Steigern statt großer Sprünge.
Perspektivübernahme – Sich in das Erleben des Anderen versetzen; reduziert Fehlattributionen.
Q
Qualitätszeit – Geplante, störungsfreie Verbindung in kurzer, gut dosierter Form.
Quasi-Autonomie – Autonomiebetonung aus Angst; wirkt hart, schützt vor Verletzung.
Querverweise – Systematische „siehe-auch“-Links zwischen Einträgen; erhöhen Orientierung.
R
Ruptur-Reparatur – Bruch erkennen, Verantwortung übernehmen, Wiedergutmachung vereinbaren; Fundament sicherer Bindung.
Resourcing (Ressourcenarbeit) – Innere/äußere Ressourcen aktivieren (Atem, Natur, Musik) zur Beruhigung.
Rahmenvereinbarung – Absprachen zu Erreichbarkeit, Pausen, Konfliktmodus; entlastet beide Seiten.
S
Selbstregulation – Erregung gezielt senken/erhöhen (Atmung, Bodyscan); Voraussetzung für Annäherung.
Strategien, protestierende – „Tests“, Drama, Rückzug, um Reaktion zu provozieren; ersetzen klare Bedürfnisbenennung. Siehe auch: Protestverhalten.
Safe-Words/Signals – Abgesprochene Zeichen bei Überforderung („Timeout“); verhindern Eskalation.
T
Trigger – Reize, die alte Bedrohungsnetze aktivieren (Tonfall, Blick, Tempo). Erkannt → planbar entschärfbar.
Time-Out (vereinbart) – Kurzzeitige Unterbrechung (10–30 Min.) zur Regulation; mit klarer Rückkehrzeit.
Titration – Dosis-Prinzip: kleine Schritte, bis Nähe als sicher verbucht ist. Siehe auch: Exposition, Pacing.
U
Unsicher-vermeidend (Bindungsstil) – Nähe wird abgewertet, Autonomie überhöht; Gefühle werden kognitiviert.
Überangepasstheit – Eigene Bedürfnisse systematisch hintanstellen; führt später zu Rückzügen.
Ursprungserfahrungen – Frühe Inkonstanz/Überforderung prägt Muster; veränderbar durch neue sichere Erfahrungen.
V
Vermeidender Bindungsstil – Nähe als potenziell bedrohlich; Kontrolle/Leistung geben Sicherheit; zeigt sich in Deaktivierung.
Vermeidung (aktiv/passiv) – Aktives Ablehnen vs. passives Ausweichen (späte Antworten); kurz entlastend, langfristig bindungsschwächend.
Vulnerabilität (Verletzlichkeit) – Dosierte Offenheit über Innenwelten; beziehungsstärkend, wenn sicher gerahmt.
W
Window of Tolerance – Bereich, in dem Aktivierung handhabbar ist; Ziel: Nähe im Fenster halten/erweitern.
Wiedergutmachung – Konkrete, spürbare Schritte nach Verletzungen (Zusammenfassung, Entschuldigung, neue Absprachen).
Wertschätzung – Anerkennung ohne Druck; reduziert Verteidigung, fördert Annäherung.
X
X-Effekt (Unerwartete Güte) – Kleine, unerwartete positive Handlungen senken Wachsamkeit und öffnen für Nähe.
X-Anker – Persönliche, schnelle Beruhiger (Song, Duft, Foto) für akute Überforderung.
X-Check-in – Ultrakurzer Austausch (90 Sek.): „Level 0–10? Was brauchst du?“
Y
Yes-Set – Serie kleiner Zustimmungen vor sensiblen Themen; erleichtert Annäherung.
Yielding (Nachgeben) – Bewusstes Nachgeben ohne Selbstaufgabe; unterscheidet sich vom Fawn-Muster.
Yoga-Atmung – Verlängertes Ausatmen/Box-Breathing zur schnellen Deaktivierung. Siehe auch: Selbstregulation.
Z
Zirkuläres Fragen – „Wie wirkt mein Rückzug auf dich – und das auf mich?“; macht Muster sichtbar.
Zustandswechsel – Gezieltes Shiften (Bewegung, Kälte, Humor) unterbricht Vermeidungsschleifen.
Zuverlässigkeit – Vorhersagbarkeit in kleinen Dingen (pünktliche Rückmeldungen) baut Sicherheit schneller auf als große Gesten.